Der Handel mit ungenutzter Software hat grünes Licht vom Europäischen Gerichtshof erhalten.
Der Handel mit "gebrauchter" oder ungenutzter Software ist in der Slowakei nun legal. Die Rechtmäßigkeit solcher Verkäufe wurde durch ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom Juli 2012 bestätigt, das einen wichtigen Meilenstein im Bereich der Informationstechnologie darstellt. Die Entscheidung des Gerichtshofs bietet den Kunden von Sekundärlizenzen eine noch nie dagewesene Rechtssicherheit und bedeutet für sie eine erhebliche Kostenersparnis bei lizenzierter Software. Gleichzeitig können die Softwarehersteller ihren Kunden nicht verbieten, ihre überschüssigen Lizenzen zu verkaufen, und dies gilt auch für die so genannten OEM-Lizenzen.
Der Markt für gebrauchte Lizenzen existiert auf dem westeuropäischen Markt bereits seit mehr als einem Jahrzehnt. Da es in der Slowakei bisher keinen Präzedenzfall in Form eines Gerichtsurteils gab, haben sich einige Privatpersonen und Unternehmen trotz der Legalität des An- und Verkaufs von gebrauchter Software mit diesem Handel zurückgehalten. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, auf die fünf Jahre lang hingearbeitet wurde, gibt uns heute jedoch diese Möglichkeit.
Softwarehersteller können dem Weiterverkauf von Softwarelizenzen keine Hindernisse mehr in den Weg legen, selbst wenn der Kunde die Software von einer aus dem Internet heruntergeladenen Seite installiert, nachdem er die betreffende Lizenz erworben hat (wie es beispielsweise die meisten Unternehmen bei Volumenlizenzen tun). Da die Rechtssicherheit für alle Nutzer gebrauchter Lizenzen nun vollständig gewährleistet ist, kann der Hersteller dem Kunden nicht mehr verbieten, solche Lizenzen zu verkaufen, und daher sind die Passagen in Lizenz- oder anderen Vereinbarungen, die ein solches Verbot enthalten, ungültig. Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet nicht über nationale Streitigkeiten, aber er gibt mit dieser Entscheidung auch den nationalen Gerichten eine Methode zur Auslegung von Entscheidungen in ähnlichen Fällen an die Hand, und die nationalen Gerichte sind im Übrigen verpflichtet, im Einklang mit dieser Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu handeln.
"Wir werden in Zukunft von dieser Entscheidung des EuGH als historisch sprechen, denn sie bringt enorme Veränderungen für das Leben von Softwareherstellern und -nutzern. Wir können mit weiteren erheblichen Kosteneinsparungen für kleine und mittlere Unternehmen sowie für große oder multinationale Unternehmen rechnen, wenn sie in großen Mengen handeln. Unserer Meinung nach kann diese Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Entwicklung des Handels mit gebrauchter Software auch auf dem slowakischen Markt erheblich beschleunigen."
Rechtlicher Hintergrund und erwartete Auswirkungen auf den slowakischen Markt
Auf den ersten Blick betrifft die Entscheidung des Gerichtshofs Oracle-Lizenzen. In der Entscheidung hat sich der EuGH mit Nachdruck zu den Lizenzen aller Softwarehersteller geäußert und damit jeder Unsicherheit ein Ende gesetzt. In diesem Fall können wir von einer umfassenden, richtungsweisenden Gerichtsentscheidung sprechen. Sie ist von großer Tragweite und wird fast jeden betreffen (sowohl Nutzer als auch Softwarehersteller). Diese Entscheidung ändert fast alle bisherigen Spielregeln.
Für einige Hersteller, wie z.B. Microsoft oder SAP, war die sogenannte "Lizenzübertragung" bisher möglich. Der rechtliche "Weg" einer solchen Übertragung war schmal und an mehrere Bedingungen geknüpft. Außerdem war für die Übertragung von Volumenlizenzen, wie dem Microsoft Enterprise Agreement, die Zustimmung des Herstellers erforderlich. In Zukunft wird sich dieser "Weg" der Übertragung jedoch in eine "Autobahn" verwandeln, da die Möglichkeit des Handels mit Volumenlizenzen eröffnet wird.
Die Verpflichtung, die Zustimmung des Herstellers für die Übertragung einzuholen, wird entfallen, da der Hersteller nicht "NEIN" sagen oder die Übertragung gar verbieten kann. Dies gilt selbst dann, wenn der Lizenzvertrag weitere Übertragungen ausdrücklich untersagt. Damit erinnert das Gericht die Hersteller erneut daran, dass das Recht über den Verträgen steht. Es lässt den Herstellern keinen Raum, den Willen der Europäischen Union durch Verträge zu umgehen, um sich nicht in einzelnen Märkten in eine Machtposition zu bringen, in der sie die Rechte der Kunden in Verfolgung ihrer eigenen Ziele beschneiden würden.
Im Zusammenhang mit der Übertragung von OEM-Lizenzen wurde in der Tschechischen Republik, anders als in anderen europäischen Ländern, über die Möglichkeit der 'Übertragung' von OEM-Lizenzen (z.B. bei der Verschrottung von Hardware) oder über die Möglichkeit, OEM-Lizenzen und gebrauchte Hardware getrennt zu verkaufen, diskutiert. Auch diese Debatte wurde durch ein Gerichtsurteil zugunsten der Kunden und des Gebrauchtmarktes endgültig beendet. Das Gericht erklärte sogar, dass im Gegensatz zu den bisherigen Regeln - als nur die materialisierte Lizenz (OEM-Aufkleber und die dazugehörigen CD/DVD-Medien) verkauft werden durfte - der Kunde von nun an den Datenträger selbst herstellen kann und somit, basierend auf der "Erschöpfungsdoktrin" ("exhausting rule"), der Originaldatenträger des Softwareherstellers für den Weiterverkauf der Lizenz nicht erforderlich ist. So wird fast alle Software portabel.
Die jährlichen Anschaffungskosten für Lizenzen machen einen erheblichen Teil der IT-Kosten in Unternehmen aus. Unternehmen können jetzt so viele Lizenzen und in der Version erwerben, die sie benötigen. Sie müssen nicht um jeden Preis die neuesten Softwareversionen kaufen, wenn das Unternehmen noch ältere, frühere Softwareversionen verwendet, die für seine Bedürfnisse ausreichend sind. Auf diese Weise können sie bis zu 30-50% der Kosten für die Softwarebeschaffung einsparen. Eine gebrauchte Lizenz ist dasselbe wie eine neue - sie nutzt sich nicht ab, sie ist bei jeder Installation immer wieder "neu" und sie ist zu sehr günstigen Preisen erhältlich.
Obwohl die Hersteller Software in einer Vielzahl komplizierter Lizenzierungskonstrukte anbieten, die Möglichkeiten zum Sparen bieten, müssen diese Regeln genau verstanden werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Der Kauf von gebrauchter Software bringt jedoch sofortige Einsparungen. Das auf diese Weise eingesparte Geld kann in die Verbesserung der IT-Infrastruktur, in die Optimierung von Prozessen oder in die stets notwendige Schulung der Mitarbeiter investiert werden. Wenn wir die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem anderen Licht betrachten, kann sie letztlich auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Slowakischen Republik und in anderen Regionen bedeuten.
Zum Schluss noch ein Artikel über die Rechtmäßigkeit von Lizenzen
Artikel über den Weiterverkauf und die legale Nutzung von Sekundärsoftware